Diese Mette wurde am 26.12.2013 im Dom zu Halberstadt gefeiert. Es waren ca. 100 Teilnehmer/innen da. Der Anfang stand ganz im Zeichen des Weihnachtsfestes. Fröhliche Lieder besangen den offenen Himmel. Christus ist geboren, Gott kommt auf die Erde, der Himmel ist offen, die Engel und wir singen: Gloria in excelsis Deo!
Dann, während der Verkündigung, kam Stephanus in den Blick. Auch er sieht den Himmel offen.
Eine Vortragefigur des Halberstädter Domschatzes war bildlich anwesend. Auf der einen Seite ist Maria mit dem Christuskind umgeben von einem Strahlenkranz, auf der anderen Stephanus mit seinen Attributen, drei Steinen.
Die Mette sollte nichts vollkommenes darstellen, keinen ungebrochenen Jubel, sondern in der Vortragefigur mit ihren zwei Seiten wurde das Unvollkommene, das Gebrochene sichtbar. Deshalb waren auf der ersten Seite des Programmes beide Figuren halb zu sehen, mit einem Riss. Dieser Riss könnte der offene Himmel sein, aber auch der Riss in meinem/unserem Leben.
Ingressus (Eingang) zwischen Kantor und Chor
Herr, tue meine Lippen auf – dass mein Mund deinen Ruhm verkündige.
Eile, Gott, mich zu erretten! – Herr, mir zu helfen
Ehre sei dem Vater und dem Sohne – und dem Heiligen Geiste. Amen.
Gemeindelied „Brich an, du schönes Morgenlicht“ (EG 33)
Votum und Gebet
Gemeindelied „Vom Himmel hoch“(EG 24)
Liedmeditation über die letzte Strophe
Gemeindelied „Hört der Engel helle Lieder“(EG 54)
Psalm 96, 1-3 & 9-13; Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“
(aus EG 54)
Singet dem HERRN ein neues Lied;
singet dem HERRN, alle Welt!
Singet dem HERRN und lobet seinen Namen,
verkündet von Tag zu Tag sein Heil!
GLORIA
Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit,
unter allen Völkern von seinen Wundern!
Denn der HERR ist groß und hoch zu loben,
mehr zu fürchten als alle Götter.
GLORIA
Hoheit und Pracht sind vor ihm,
Macht und Herrlichkeit in seinem Heiligtum.
Betet an den HERRN in heiligem Schmuck;
es fürchte ihn alle Welt!
GLORIA
Sagt unter den Heiden: Der HERR ist König.
Er hat den Erdkreis gegründet, dass er nicht wankt. Er richtet die Völker recht..
Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich,
das Meer brause und was darinnen ist;
GLORIA
das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist;
es sollen jauchzen alle Bäume im Walde
vor dem HERRN; denn er kommt, denn er kommt, zu richten das Erdreich.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit.
GLORIA
Verkündigung
In der Verkündigung wurde die Spannung zwischen Weihnachten und der Geschichte des Stephanus ausgelegt.“Der Himmel ist offen“ gilt für beide Ereignisse. Das Symbol für Weihnachten war eine große weiße Kerze, Stephanus wurde mit seinen Attributen, drei Steinen dargestellt. Während der Verkündigung wurde die Abbildung der Vortrage-Doppelfigur von Maria mit Christus im Strahlenkranz gewendet, sodass Stephanus mit drei Steinen zu sehen war.
Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“ (aus EG 54)
Prozessionslied „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“ (Singt von Hoffnung 04)
Wir ziehen durch die Tore der Stadt. Der Herr ist nicht mehr fern. Singt laut, wer eine Stimme hat! Erhebt die Blicke, wer schwach und matt! Wir ziehen vor die Tore der Stadt und grüßen unsern Herrn. Text: G. Schille, Melodie: M. Schlenker
Prozession: aus der Winterkirche hinaus, rechts um die Kirche und durch das Westportal in den Dom.
Wir folgen bei der Prozession der Kerze und den Steinen. Wir singen beim Laufen immer wiederholt das Lied „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“
Vier Stationen im Dom
a) Stephanus, der Diakon
Ein Streit. Harte Worte. Vorwürfe. Kein Friede. Finstere, frostige Stimmung. Die Griechen. Die Hebräer. Gezanke der Volksgruppen. Ausländer. Unfriede.
Die Apostel, die Jünger Jesu sind traurig.
Zankapfel ist das Essen. Essen für die Witwen.
Streiten, hetzen, hinterm Rücken, grollen, hadern, flüstern gegen die anderen. Kein Friede.
Die Apostel, die Jünger Jesu sind traurig.
Sie rufen: Kommt! Friede auf Erden.
Wir predigen euch den Auferstandenen Christus. Wir suchen Sieben, die sich um die Witwen bemühen. Diakone. Stephanus ist der erste. Stephanus, Diakon.
Zeugnis geben von Gottes Wirken und Essen verteilen.
Martyria und Diakonia.
Apostel und Diakone.
Stephanus, ein Mann voll Glaubens und heiligem Geist.
Hier sehen wir ihn. Stephanus, der Diakon.
Stephanus gesegnet durch die Apostel.
Stephanus, Diakon, das bedeutet: einer Sache dienen.
Stephanus dient der Gemeinde, den Witwen.
Stephanus voll Gnade und Kraft tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.
Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“ (aus EG 54)
Prozessionsgesang ist immer „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“
b) Rede des Stephanus
Stephanus voll Gnade und Kraft tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.
Da stritten sie mit Stephanus. Kein Friede.
Zanklustig. Wütend. Aufgebracht. Falsche Zeugen. Er, der, Stephanus, lästert, spottet über Mose, über Gott. Greift ihn. Gefangen. Gefesselt. Weggeschleift. Hoher Rat. Alte, weise Männer. Sie hören die Anschuldigungen. Unfriede.
Stephanus steht ganz ruhig. Blickt nach oben. Leuchtend sein Angesicht. Engelgleich.
Liebe Brüder, sagt er. Liebe Schwestern. Der Geist erfüllt ihn. Liebe Schwestern, Brüder, Gott der Herrlichkeit erschien Abraham und Mose, führte uns ins gelobte Land. Vierzig Jahre durch die Wüste, Manna, das Himmelsbrot als Speise. Salomo baute Gott einen Tempel. Gott in menschlichen Häusern, nein er wohnt im Himmel, unsichtbar um uns herum. Die Propheten, verfolgt. Verstockte Herzen, fest geschlossen.
Sie hörten es. Ihre Herzen durchbohrt. Knirschende Zähne. Starr und steif, keine Bewegung. Verkrampfte Hände. Wut kocht. Kein Friede.
Doch Stephanus: Ich sehe den Himmel offen.
Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“ (aus EG 54)
Prozessionsgesang ist immer „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“
c) Prozess gegen Stephanus
Doch Stephanus: Ich sehe den Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes stehen. Friedefürst.
Stephanus voll Heiligem Geist. Er schaut den Himmel.
Bewegungslos stehen sie. Trauen ihren Ohren nicht. Nur die Herzen hämmern. Immer schneller, das Blut pulsierte, rote Gesichter, noch starr, noch ... noch
Ein Schrei. Ein Schrei zerreißt die Stille. Ein Schrei dringt durch Mark und Bein. Ein Schrei zerschneidet die Luft. Da bewegen sich alle, stürmen, drängen, rütteln, laufen, rennen. Wie eine Meereswoge schwappt die Menschenmenge über Stephanus. Stoßen, schupsen, schieben, knuffen, puffen, treten, reißen, heben, treiben aus der Stadt. Kein Prozess. Lynchen, loswerden, er stört. Störenfried. Kein Friede.
Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“ (aus EG 54)
Prozessionsgesang ist immer „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“
d) Steinigung des Stephanus
Kein Prozess. Lynchen, loswerden, er stört. Störenfried. Kein Friede.
Wütende Menge. Stephanus mitten unter ihnen. Da, der erste hat einen Stein. Zurück. Lasst ihn liegen. Steinigen. Steinigen. Steinigen.
Ein Stein fliegt. Dumpf schlägt er auf. Stephanus steht, die Arme geöffnet: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Stein um Stein, getroffen. Stephanus bricht in die Knie, getroffen Stein um Stein. Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Getroffen, Stein um Stein. Am Boden liegend, Stein um Stein, getroffen. Keine Bewegung, kein Stein mehr. Stille. Totenstille.
Texte an den Stationen von Jochen Kaiser
Stille
Gemeinde-Kehrvers „Gloria in excelsis Deo“ (aus EG 54)
Hier soll kurz eine Diskussion in der Vorbereitungsgruppe beschrieben werden. Die Frage war, ob wir nach dem gewaltsamen Tod des Stephanus wirklich
mit einem Gloria antworten wollen. Wenn wir in der Szene blieben, also den gesteinigten Stephanus vor Augen hätten, würde das Gloria uns im Halse stecken bleiben! Doch Stephanus selbst sah den
Himmel offen und seinen Geist bei Jesus. Sollte das schrechliche Bild der menschlichen Grausamkeit das letzte Wort behalten? So entschieden wir uns für das Gloria, wohl wissend, dass es uns nicht
leicht werden würde und für alle eine Herausforderung ist.
Fürbittengebet – die Gemeinde singt das Kyrie eleison (aus dem Lied „Die Wüste vor Augen“ Kirchentagsliederbuch HH Nr. 88)
Aktion „Geschenkte Zeit“
Weihnachten ist das Fest der Geschenke. Viel Zeit, Mühe und Liebe wird von den Menschen eingesetzt, um für ihre Freunde und Familie Geschenke zu finden. Stephanus war der erste Diakon und versorgte Witwen und Waisen in der ersten Gemeinde in Jerusalem. Diese beiden Punkte sollten in der Mette verbunden werden. So sollte der Gottesdienst als Darstellung des Glaubens und das diakonische Handeln, der Blick auf die Benachteiligten in der Welt auf einander bezogen sein. Deshalb wurden die Teilnehmer/innen eingeladen, eine Idee für „geschenkte Zeit“ auf einen Zettel zu schreiben, laut vorzulesen und an eine Pinnwand zu hängen.
Den Abschluss dieser Aktion, in der noch weitere Zettel an die Pinnwand gehängt werden konnten oder jede/r für sich über „geschenkte Zeit“ nachdachte, war das Lied des Chores „Die Wüste vor Augen“ (Kirchentagsliederheft HH Nr. 88) und die Gemeinde konnte das schon bekannte Kyrie als Kehrvers mitsingen.
Vater unser
Segen
Beim folgenden Lied zogen wir durch den Lettner zum Westportal
1. Wir ziehen durch die Tore der Stadt. Der Herr ist nicht mehr fern. Singt laut, wer eine Stimme hat! Erhebt die Blicke, wer schwach und matt! Wir ziehen vor die Tore der Stadt und grüßen unsern Herrn.
2. Er ist entschlossen, Wege zu gehn, die keiner sich getraut. Er wird zu den Verstoßenen stehn, wird nicht nach anderer Urteil sehn. Er ist entschlossen, Wege zu gehn, vor denen allen graut.
3. Er ruft uns vor die Tore der Welt. Denn draußen wird er sein, der draußen eine Krippe wählt und draußen stirbt auf dem Schädelfeld. Er ruft uns vor die Tore der Welt: Steht für die draußen ein.
Orgelnachspiel zum Auszug
Rektor der Hochschule für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen (Herford & Witten)
Prof. Dr. Jochen Kaiser
Kirchenmusiker, Liturgiewissenschaftler & Musikwissenschaftler
kirchenmusikerkaiser@gmx.de