Ein Themengottesdienst im Advent: „Wie soll ich dich empfangen“
Dieser Gottesdienstentwurf nimmt das bekannte Adventslied von Paul Gerhardt auf. Obwohl eine Orientierung am Liedtext erkennbar ist, stehen verschiedene Melodien, ihre Bedeutungen, ihr Ausdruck und die auslösenden
Emotionen im Zentrum der Liturgie.
Johann Crüger, Praxis Pietatis Melica, Das ist: Ubung der Gottseligkeit in Christlichen und trostreichen Gesängen, Alten Stettin 1660, Edition 9, 153. Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, VD17 39:149243W, urn:nbn:de:gbv:3:3-30508
Johann Crüger, Praxis Pietatis Melica, Das ist: Ubung der Gottseligkeit in Christlichen und trostreichen Gesängen, Alten Stettin 1660, Edition 9, 899. Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, VD17 39:149243W, urn:nbn:de:gbv:3:3-30508
Paul Gerhardt, Konrad Feuerlein, Johann Georg Ebeling (Komp.), PAULI GERHARDI Geistreiche Andachten Bestehend in CXX Liedern, 30. Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, VD17 39:149243W, urn:nbn:de:gbv:3:3-30508.
Die Liturgie dieses Adventsgottesdienstes folgt nicht exakt der üblichen Liturgie einer Gemeinde. Deshalb ist es wichtig, dass ein gutes Programmheft (es steht eines zum Download bereit) für die Gemeinde verteilt wird und dass die Verantwortlichen den Gottesdienst gemeinsam durchdacht und geübt (!) haben. Dieses praktische Ausprobieren und Üben ist doppelt notwendig: einmal bereiten die/der Pfarrer/in und die/der Kirchenmusiker/in ihren Part vor, doch zum anderen ist es empfehlenswert, dass auch einige Passagen gemeinsam geübt werden. Beispielsweise soll die/der Kantor/in in der Predigt einige Melodieteile singen und dieser Wechsel sollte ausprobiert werden.
Da der Gottesdienst recht abwechslungsreich ist, ist meine Empfehlung, dass nur zwei Personen sprechen – Pfarrerin und Kirchenmusiker –, höchstens ein/e Lektor/in für die biblischen Lesungen könnte noch hinzukommen. Die Beschränkung auf diese beiden (drei) Sprechenden beruhigt das vielfältige Geschehen und vermittelt Handlungssicherheit.
Im Folgenden sind die zu sprechenden Texte kleiner, eingerückt und in grüner Schrift abgedruckt, während die rote Schrift die Rubriken (Erklärungen) anzeigt.
A ERÖFFNUNG & ANRUFUNG
Glocken
Musik zum Eingang
Die Orgel sollte die drei Melodien in einer Improvisation vorstellen. Ideal wäre es, wenn die Emotionen durch die Improvisation unterstützt würden: Hassler eher ruhig, meditativ, vielleicht etwas melancholisch; Crüger zuversichtlich und positiv; Ebeling tänzerisch und körperlich aktiv. Dass hier schon ein Chor Strophen von dem Lied sänge, würde ich nicht empfehlen, da der Text mit liturgischen Elementen verbunden werden soll. Da das Thema des Gottesdiensten den Teilnehmenden bekannt und das Lied vertraut ist, wird jede/r während des Hörens des Orgelvorspiels Textpassagen assoziieren.
Votum & Begrüßung
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn – der Himmel und Erde gemacht hat.
Der Herr sei mit euch – und mit deinem Geist.
Freie Begrüßung, die in knappen Worten das Anliegen dieses Gottesdienstes benennt. Das Lied und das emotionale Erklingen mit verschiedenen Melodien.
Beispiel für die Begrüßung: „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir?“ Das ist die Frage des Advents. Wir warten auf das Kommen Jesu und bereiten uns vor, den Sohn Gottes zu empfangen. Ein herzliches Willkommen zum heutigen Gottesdienst! Paul Gerhardt schrieb den Text des bekannten Liedes „Wie soll ich dich empfangen“. In diesem Gottesdienst wollen wir dieses Lied vielfach erklingen lassen; wir singen verschiedene Melodien und erfahren, wie diese Melodien den gleichen Text emotional unterschiedlich färben. Klagend-sehnsüchtig, ruhig-gewiss und freudig-drängend rufen unsere Stimmen „ach komm, ach komm, o Sonne, und bring uns allzumal zum ewgen Licht und Wonne in deinen Freudensaal.“
Lied „Wie soll ich dich empfangen“
Die erste Strophe wird mit allen drei Melodien nacheinander gesungen. (Im Gemeindeblatt abgedruckt)
Als erstes sollte die Melodie von Hassler von der Gemeinde gesungen werden (e phrygisch).
Danach singt ein Chor oder die/der Kantor/in die Melodie von Ebeling (c-Moll) und
danach die Gemeinde die Crüger-Melodie (C-Dur).
Emotional wird so eher meditativ begonnen, dann tänzerisch fortgesetzt, um schließlich zuversichtlich zu singen.
ACHTUNG! Dieses Lied, also die drei Strophen können von der Orgel aus begleitet werden, danach werden bis zur Schlussstrophe (EG 1,5) alle Gesänge von unten, vor der Gemeinde geleitet!
Liedstrophe „Wie soll ich dich empfangen“ – drei Melodien
Melodie von Hans Leo Hassler
Melodie von Johann Georg Ebeling – zum Hören, gesungen von der Kantorin oder dem Chor!
Melodie von Johann Crüger
Psalm 24 (vielleicht kürzen?)
(Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Denn er hat ihn über den Meeren gegründet
und über den Wassern bereitet.
Wer darf auf des Herrn Berg gehen,
und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte?
Wer unschuldige Hände hat und reines Herzens ist,
wer nicht bedacht ist auf Lug und Trug und nicht falsche Eide schwört:
der wird den Segen vom Herrn empfangen
und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.
Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt,
das da sucht dein Antlitz, Gott Jakobs.)
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehren einziehe!
Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr stark und mächtig, der Herr, mächtig im Streit.
Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!
Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr Zebaoth; er ist der König der Ehre!
Liedstrophe 2 „Dein Zion streut dir Palmen“
Diese Strophe wird mit der Melodie von Ebeling gesungen. Die Gemeinde lernt durch call and response die Melodie, den Schwung, das Tänzerische und damit den fröhlichen Lobpreis. (Im Gemeindeblatt abgedruckt.)
Magnificat unterbrochen mit einigen Strophen des Liedes
Lektor: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes;
denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.
Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist
und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währt von
Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.
Strophe 3 auf die Melodie von Hassler. (Im Gemeindeblatt abgedruckt.)
Lektor: Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.
Strophe 4 auf die Melodie von Hassler. Die Männer singen die tiefen Zeilen (1,3,6,8) und die Frauen die hohen Zeilen (2,4,5,7). (Im Gemeindeblatt abgedruckt.)
Lektor: Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,
wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.
Strophe 5 auf die Melodie von Ebeling – vielleicht wieder mit call and response.
Tagesgebet
Beispiel für ein Tagesgebet: Gott, du von Liebe getriebener Gott, wir erwarten dich, wir wollen uns bereiten, um dich zu empfangen. Öffne unsere Herzen, dass sie dir grünen, dass du einziehen kannst und wir deine Nähe jeden Tag spüren können. Wir bitten in Jesu Namen, der unsere Herzen tröstet. Amen.
B VERKÜNDIGUNG & BEKENNTNIS
Ein Kürzungsvorschlag: nur das Evangelium lesen. Dann würde dieser Entwurf sehr gut zum 4. Advent passen. Vor dem Evangelium sollte dann die Strophe 6 mit der Melodie von Crüger gesungen werden.
Lesung aus dem AT – Jeremia 1,4-9
Zuerst wird die Strophe 1 auf die Melodie von Ebeling gesungen,
dann folgt die AT-Lesung und
abschließend wird die Strophe 6 auf die Melodie von Crüger gesungen.
Lesung der Epistel – 1 Timotheus, 1,12-17
Zuerst wird die Strophe 1 auf die Melodie von Crüger gesungen,
dann folgt die Epistel und
abschließend wird die Strophe 6 auf die Melodie von Ebeling gesungen.
Evangelium mit »Ehr sei dir, (o) Herre« & »Lob sei dir, (o) Christe« – Lukas 1,26-35
Nach der Lesung und dem „Lob sie dir, Christe“ wird die Strophe 7 auf die Melodie von Crüger gesungen.
Credo
Predigt
Die fiktive Erzählung „Wiedersehen in Telgte“ ist eine Fortsetzung der Erzählung von Günter Grass „Das Treffen in Telgte“. Dichter und Musiker treffen sich im Jahr 1660, um über die Beziehung von Worten und Tönen zu diskutieren. Paul Gerhardt ist da, seine beiden Kantoren, Johann Crüger und Johann Georg Ebeling, ein Meisterschüler von Heinrich Schütz, Christoph Bernhard und einige weitere Dichter und Musiker dieser Zeit. Sie singen und sprechen den Text „Wie soll ich dich empfangen“, den Paul Gerhardt einige Jahre zuvor geschrieben hatte.
Ist die Bedeutung des Textes allein mit den Worten schon gesagt? Wenn das so wäre, wozu ist dann die Melodie noch nötig. Oder lassen die Melodien unterschiedliche Texte erklingen bzw. in unser Bewusstsein treten? Welche Bedeutungen hat das Lied, also das gleichzeitige Erklingen von Worten und Melodien? Darüber diskutieren, ja streiten die anwesenden Herren sogar.
Wir dürfen heute etwas lauschen und hören auch einige gesungene Strophen und können selbst mit einstimmen.
Nach dem Frühstück trafen sie sich im Obergeschoss, umringten
Gerhardt, der mit der Lesung seines Liedes begann. »Das Lied ist für eine Gemeinde
bestimmt und soll Anrufung, geradezu Gebet und auch Verkündigung, sogar
Zuspruch an die Gemeinde sein. Ich habe das Adventslied mit vier Zeilen gedichtet,
die in der Mitte eine Zäsur, einen Moment des Innehaltens haben. Die Kreuzreime
führen zu einer Zweiteilung der Strophen. Der Höhepunkt liegt in der Pause. Der
zweite Teil sollte mit einem kraftvollen Einsatz beginnen. (Im Gemeindeprogramm abgedruckt.)
Im Advent spüre ich, wie schwierig es ist, Jesus zu empfangen. Er ist gottgleich, und ich bin ein sündiger Mensch. Da klingt es im Matthäusevangelium des ersten Advents so schön, die Menschen säumen die Straßen von Jerusalem und streuen Palmen, als Jesus einzieht. Diese Palmen kann man anfassen und riechen, die können auf der Straße liegen und überdecken den Staub und Dreck. Doch ich kann Jesus nur in meinem Herzen empfangen! Aber wie bereite ich es? Ich bitte in dem Lied Jesus, zu mir zu kommen. Ich rufe, doch es ist mehr zweifelnd, denn überzeugt, der Gemeinde auch zu, dass er kommt. Ich wünsche mir, dass er mich erleuchtet, denn ich fühle mich oft im Dunkeln, so, als wäre ich eine der törichten Jungfrauen, die alles Öl zu früh verbrannten. Liedtexte brauchen Sehnsucht nach Vollendung, die ihnen eine Melodie geben kann, Gedichte sind in sich vollkommen. Für meine Liedtexte ist die Bibel die Grundlage. Meine Sprache soll bibelhaltig sein, aber auch Bilder aus dem Alltag und Erfahrungen meines Lebens durchscheinen lassen. So drückt die erste Strophe mein Unvermögen aus, Jesus zu empfangen. Aber ich vertraue mit Paulus darauf, dass Christus in mir lebt (Gal 2,20) und mich erleuchten wird. Die Palmen sind aus dem Evangelium des Sonntags und wenden sich meiner Herzensbereitung zu. So will ich immerdar singen und spielen dem Herrn in meinem Herzen (Eph 5,19–20). Die Worte der Heiligen Schrift sollen der Gemeinde Trost und Hilfe sein, ihre Nöte und Sorgen singend als Gebet und Klage, als Lobpreis und Opfer vor Gottes Angesicht bringen und seine Hilfe erflehen.
Kantor/in singt die Crüger-Melodie so, wie sie im Original ist, also mit erhöhter dritter Note.
Die dritte Note klang ungewöhnlich, Birken und Thilo trafen sie nicht gut. Doch sie spürten instinktiv, dass sie ihre Blicke nach oben wendete, als erwarteten sie Jesus von dort. (Kantor/in singt die erste Zeile mit erhöhter dritter Note) Der fragende Text klang jetzt zuversichtlich, bestätigend. Die Melodie trug ihn in die Herzen der Singenden. Dann kam die Mitte der Strophe, eine Zäsur. Birken hörte nur noch zu, doch Bernhard sang im hellen und klaren Tenor (Kantor/in singt) »O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei«. Das zauberte ein Lächeln auf das Gesicht Birkens. Thilo hingegen stolperte durch den Rhythmus. Die hohen, kaum zu erreichenden Töne wurden noch länger gehalten. Sie wirkten fast so, als ob die Singenden zu Jesus emporstiegen, dem Himmel entgegen. Dann beruhigte sich das Tosen der Stimmen und führte zum beruhigenden Schluss.
Alle singen die erste Strophe auf die Crüger-Melodie, vielleicht sogar mit der erhöhten Note.
Crüger war verstummt, hatte die Töne hörend aufgesogen und das Gefühl gehabt, er höre seine eigene
Melodie ganz neu, unverbraucht, den Text und die Herzen verbindend. Er sah die glänzenden Augen
Gerhardts und wusste, dass sie sich verstanden, dass er dem innersten Fühlen Gerhardts durch die Melodie Ausdruck verliehen hatte, dass das Lied nun mit Text und Melodie vollendet klang. Einige Worte sollten seine Gedanken zu der Melodie beschreiben. Wie Gerhardt hatte auch er seine Gemeinde, in St. Nikolai in Berlin, vor Augen, als er die Melodie setzte. Hier sollten die Lieder gesungen werden, sollte der Glauben gefestigt und die Freude am Glauben geweckt werden. Gottes Lob sollte kraftvoll, fröhlich und anbetend laut werden.
Bevor eine längere Diskussion über die Melodie und über das, was sie im Text von Gerhardt besonders
hervorhob, entbrennen konnte, legte Ebeling seine Melodie vor. Lebhaft, etwas tänzerisch erklangen nun die gleichen Worte, die jetzt gänzlich anders wirkten – leichter, sehnsüchtiger, drängender. Nur bei der
Hemiole wackelten die Sänger. Ansonsten klangen die Stimmen wie eine, die gleichmäßig schwingende Bewegung der Körper vereinheitlichte die Stimmen.
Kantor/in singt die zweite Strophe auf die Melodie von Ebeling.
Kaum war der letzte Ton verklungen, sprudelte es aus Ebeling hervor: »In diesem Dreiertakt kommt die freudige Sehnsucht, die ich als Kind im Advent schon immer verspürte, am besten zum Ausdruck. Die
zweite Zeile sollte wie bei Crüger die Noten der ersten wiederholen. Für die ersten Töne habe ich den Text der Wiederholung vertont (Kantor/in singt die Zeile), denn ›aller Welt Verlangen‹ muss doch die Welt umschließen – deshalb die ganze Oktave.«
Ebeling war noch jung, stürmisch und unruhig, wie das Urteil ausfallen würde. Gerhardt vertiefte sich in die Noten, Crüger ergriff das Wort: »Lieber Ebeling, ich entdecke viele gute Ideen, welche die Textbedeutung
verstärken, auch wenn ich nicht weiß, ob meine Berliner Gemeinde einfach mitsingen könnte. Aber Freude an dieser Musik hätten sie.« Abrupt guckte Gerhardt auf und wiederholte mit gekräuselter Stirn und leicht vorwurfsvollem Ton: »Freude?« – Er verstummte wieder und schaute in die Noten. »Besonders die Idee
am Anfang des Abgesangs«, fuhr Crüger fort, »ist eine sich steigernde Anrufung an Jesus. Meine Melodie betont das erste ›Jesus‹ (Kantor/in singt die Zeile), während bei dir das zweite höher, länger und deshalb
hervorgehobener ist (Kantor/in singt die Zeile). Das gefällt mir. Auch die Worte, die dann folgend besonders betont werden, sind wichtige Worte. Ich habe sie noch nie so intensiv wahrgenommen.« – Gerhardt war nicht überzeugt: »Crüger, dein Urteil ist gut, denn der Anfang des Abgesangs schwingt
sich zu Jesus als König und Sonne auf, ja, mein junger Freund«, er wendete sich Ebeling zu, »das ist gut. Doch sollen unsere Lieder Tänze sein?«. Noch ehe Ebeling, etwas blasser als beim Singen, antworten konnte, fiel Crüger ein: »Lieber Gerhardt, denke an meine Vertonung deines Ostergesangs ›Auf, auf, mein
Herz, mit Freuden‹. Da habe ich einen schwungvollen Dreiertakt gesetzt, der mit punktierten Rhythmen und verschiedenen Halbtönen spielt und von unserer Gemeinde mit Kraft und Fröhlichkeit gesungen wird.« Gerhardt schaute nachdenklich vor sich hin, dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht: »Zu Ostern passiert etwas vollkommen Neues, denn Christus wird erweckt vom Tod. Das Geschehen – wie heißt es da im Lied: ›nimm wahr, was heut geschieht‹ – dieses Geschehen kann nur mit neuen und unerwarteten Klängen besungen werden.« Leise räusperte sich Ebeling und erzählte seine Gedanken: »Ich habe den Text so verstanden, dass wir Jesus jedes Jahr neu im Advent erwarten und zu Weihnachten begrüßen. Bei Mose las ich von dem Reigentanz, den Miriam nach der Rettung des Volkes Israel am Roten Meer mit den anderen Frauen aufführte (2 Mose 15,20–21). Wir sind doch auch schon gerettet. Nun soll Jesus immer wieder neu in unser Herz kommen. Deshalb vertonte ich eine Galliard, die werbend um den Einzug Jesu
in mein Herz bittet.«
Alle singen die zweite Strophe auf die Melodie von Ebeling.
Alle Blicke ruhten nun auf Christoph Bernhard, stumm war er bisher, nur beim Singen klang sein heller
Tenor durch den Raum. Er holte einige Male Luft, setzte an, überlegte wieder und dann schlug er vor,
dass das Lied noch einmal gesungen werden sollte, auf die Melodie von Hassler, die inzwischen mit dem
Sterbelied »Herzlich tut mich verlangen« verbunden war.
Es wird die 4. Strophen auf die Melodie von Hassler gesungen, wieder aufgeteilt in Männer (tiefe Zeilen) und Frauen (hohe Zeilen).
Vor einigen Wochen, so begann Bernhard, der Liedtext von Gerhardt war just in Dresden eingetroffen,
entdeckte er, Bernhard – und Schütz war begeistert von dieser Entdeckung –, dass die verwandelte
Hassler-Melodie gut zu dem Gerhardt-Text passen könnte. Die Melodie war mit einem Sterbelied verbunden. Beide Liedtexte sangen von Sehnsucht, die sich auf Jesus richtete. Einmal erklang ein Abschied aus dem irdischen Jammertal, um bei Jesus zu sein, einmal wurde die Ankunft Jesu zu Weihnachten oder zum Endgericht erfleht. In Gerhardts Lied wurde auf das Evangelium von den zehn Jungfrauen angespielt, das in den Gottesdiensten am Ende des Kirchenjahrs gelesen wurde. Ihm, Bernhard, war noch eine andere Verbindung in den beiden Liedern aufgefallen. So lautete der Text am Ende der ersten Strophe des geistlichen Sterbegesangs: (Kantor/in singt die Zeile, Melodie von Hassler) »Ich hab Lust abzuscheiden von dieser argen Welt, sehn mich nach ewgen Freuden. O Jesu, komm nur bald.« Diese Worte klingen adventlich und passten zu dem letzten Gebetsruf von »Wie soll ich dich empfangen« – (Kantor/in singt die Zeile, Melodie von Hassler) »ach komm, ach komm, o Sonne und bring uns allzumal, zum ewgen Licht und Wonne in deinen Freudensaal.«
Erschöpfung breitete sich aus, die Töne und Melodien schwirrten in den Köpfen der Herren. Gerhardt schlug vor, die letzten vier Strophen auf die Melodie von Crüger zu singen. Diese Melodie wäre nicht so fragend wie sein Text und würde den Zuspruch „Er kommt, Jesus kommt“, so tröstend erklingen lassen, dass es ein schöner Abschluss ihres Gespräches wäre. Alle erhoben sich dann erscholl kraftvoll der Gesang.
Alle singen die Strophen 7-10 auf die Melodie von Crüger.
Orgelmusik, die die drei Melodien noch einmal verarbeitet (dabei könnte die Kollekte gesammelt werden).
Abkündigungen (falls sie an dieser Stelle üblich sind)
Fürbitten mit dem Gemeindekehrvers
„Ach komm, ach komm, o Sonne, und hol uns allzumal zum ewgen Licht und Wonne in deinen Freudensaal.“ (Melodie Crüger)
Vater unser
D SENDUNG & SEGEN
Ankündigungen
Lied EG 1, 5 „Komm, o mein Heiland Jesus Christ“
Segen
Musik zum Ausgang
Die folgenden pdf-Dateien enthalten alle Informationen, die für diesen Gottesdienst notwendig sind. Die erste Datei ist für die Vorbereitenden bestimmt, die beiden anderen sind die Gemeindeprogramme (einmal in voller Länge und einmal gekürzt).
Die Vorbereitung auf diesen Gottesdienst bedeutet ein intensives Üben - jede/r für sich und gemeinsam - der einzelnen Passagen. Damit soll eine Aneignung erreicht werden, die meine Gedanken und Vorschläge zu "Ihren" macht. Für dieses Üben sollten Sie genügend Zeit einplanen, damit Ihnen der Ablauf wirklich vertraut ist.
Der Gottesdienst dauert ca. 60-70 Minuten. Die kürzere Form spart 5-7 Minuten.
Falls es ein Abendmahlsgottesdienst sein sollte, würde ich die kürzere Form empfehlen und das Abendmahl folgt in der gemeindeüblichen Liturgie vor Teil D SENDUNG UND SEGEN.
Gerne können Sie die Liturgie für Ihre Gemeinde anpassen - eigentlich ist das unbedingt notwendig. Falls Sie dafür von mir noch Unterstützung benötigen, dann melden Sie sich bitte.
Rektor der Hochschule für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen (Herford & Witten)
Prof. Dr. Jochen Kaiser
Kirchenmusiker, Liturgiewissenschaftler & Musikwissenschaftler
kirchenmusikerkaiser@gmx.de